Soy FARC: Geschichte der FARC
Soy FARC: Geschichte der FARC
Giorgia Simoniti, Lukas Janssen
Landkonflikte. Ein Schlagwort, das sich bis heute durch die Geschichte der FARC zieht. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts begannen gewaltvolle Aneignungen und Privatisierungen von Land durch Europäer*innen. Lange Zeit übten die Kolonialisten ihre Macht aus, doch im Jahre 1880 begannen die ersten Landkonflikte zwischen Campesinos und Campesinas (Kleinbauern und -bäuerinnen) und Großgrundbesitzer*innen auf Grund von Ausbeutung und Unterdrückung. Schon damals war die Ungleichverteilung des Landes signifikant (vgl. Miethke 2018: ZFD). Die Ermordung des liberalen Präsidentschaftskandidaten Jorge Eliécer Gaitán im Jahr 1948 spitze den Konflikt zwischen Liberalen und Konservativen und somit den Landkonflikt noch weiter zu. Die Liberalen beschuldigten die Konservativen des Mordes und es folgten zehn Jahre des gewaltsamen Bürgerkriegs. Diese Zeit wird auch „La Violencia“ („Die Gewalt“) genannt, kostete zwischen 200.000-300.000 Menschen das Leben und führte zu mehr als eine Millionen Vertriebenen. Besonders auf dem Land führten die politischen und ökonomischen Umstände zu bewaffneten Konflikten. Den Campesinos und Campesinas wurde vom Präsidenten Gustavo Rojas Pinalla (1953-1957) wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dadurch verschlechterten sich die Verhältnisse, der Konflikt verstärkte sich und sie begannen mit Besetzungen von Territorien. Dies diente primär der Selbstverteidigung gegen die militärischen Truppen. Im Jahr 1964 griff das Militär eine von Campesinos und Campesinas besetzte Zone, Marquetalia (südlich von Tolima), an. Das Ereignis am 27. Mai 1964 gilt als eines der wichtigsten des Konfliktes, denn der gravierende Anschlag brachte die Campesinos und Campesinas dazu, sich zu vereinigen und zu wehren. Sie erarbeiteten sich ein inneres Reglement mit Reglungen, Kommandos, Normen und Zielen (vgl. Suárez Jaramillo 2018: France24 – En vivo).
Ihr Name: Fuerzas Armadas Revolucioneres de Colombia (bewaffnete revolutionäre Kräfte Kolumbiens), kurz FARC, später mit dem Anhang EP für Ejercito del Pueblo (Heer des Volks). Das Hauptziel der FARC: Die ungleiche Landverteilung des Landes zu beenden. Es handelte sich somit um eine „kommunistische bewaffnete Gruppierung“. Dennoch würden sich nicht alle Guerillos und Guerillas als Kommunisten verstehen. Bei den Waffen handelte es sich meist um simple landwirtschaftliche Geräte. Zu dieser Zeit bildeten sich weitere Guerillagruppen (Guerilla= besondere Form des Krieges) wie beispielsweise die ELN „Ejército de Liberación Nacional“ (Herr der nationalen Befreiung). Hierbei handelt es sich um eine Gruppierung, die sich hauptsächlich aus urbanen Intellektuellen formte. Zeitlich versetzt entstanden eine Vielzahl paramilitärischer Gruppen, die das Ziel verfolgten, gegen die Guerillas vorzugehen (vgl. Miethke 2018: ZFD).
Zu Beginn war die FARC-EP relativ schwach und verfolgte hauptsächlich die Idee, eine revolutionäre Landreform durchzusetzen, welche den Campesinos und Campesinas zugunsten kommt. Doch durch den zunehmenden Drogenhandel in Kolumbien in den 70er Jahren eröffnete sich eine neue Geldquelle, welche zu Waffen und Macht führte. So besetzte die FARC-EP im Jahr 1975 fünf Fronten (bestimmte Gebiete), im Jahr 1982 schon 24 und kurze Zeit später circa 48. Im Jahr 1984 bildete sich ein legaler Arm der FARC-EP namens UP für Unión Patriótica (sozialistische Partei namens patriotischer Union), welche sich für den Frieden einsetze. Dieser Arm agierte als legales Instrument, um die Ziele der FARC-EP durchzusetzen. Er wurde jedoch von Oppositionellen der FARC-EP sehr verachtet. Insgesamt wurden über 3.000 UP-Mitgliedern getötet, hauptsächlich durch das Paramilitär. 1984 kam es erstmals zu einem Waffenstillstand zwischen FARC-EP und der Regierung. Es wurde ein Friedensabkommen beschlossen, welches 1992 wegen bilateraler Verstöße scheiterte. Die FARC-EP zählte in den 90er Jahren über 20.000 Mitglieder und stand kurz vor einer riesigen Rebellion, um ihre Landreform durchzusetzen. Ein weiterer Friedensvertrag durch Präsident Andrés Pastrana Anfang der 90er Jahre erzielte ebenfalls keinen Erfolg (vgl. Semana 2016). Als Gegenbewegung schlossen sich 1997 paramilitärische Gruppen zusammen (s.o.), wie beispielsweise die AUC, Autodefensias Unidas de Colombia (Vereinigte Bürgerwehren Kolumbiens), welche durch Viehzüchter*innen, Großgrundbesitzer*innen und Armeesektoren unterstützt wurde. Der ehemalige Präsident Uribe (2002-2007) verband Politik mit physischer Gewalt, indem er mit der AUC zusammenarbeitete, um intensiv gegen die FARC-EP vorzugehen. Dieser Akt Uribes gilt als Skandal, da die AUC für ihre gewaltvollen Aktionen bekannt war und in viele illegale Geschäfte verwickelt war. Durch die Unterstützung der USA im Kampf gegen den Kommunismus und den Drogenanbau verstärkte sich der gewaltvolle Konflikt zu Gunsten Uribes. Wegen dem aggressiven und grauenvollen Vorgehen der USA und Uribes zählte die FARC-EP im Jahr 2010 nur noch circa 9.000 Mitglieder. Die AUC wurde im Jahr 2006 offiziell demobilisiert, um den Mitglieder*innen Amnestie zu gewähren und sie vor einer Abschiebung in die USA zu schützen. Dennoch sind paramilitaristische Gruppen bis heute aktiv (vgl. El Tiempo o.J.). Während des Krieges war es vor allem die Zivilbevölkerung, die das Leid ertragen musste und so wurden 8,8 Millionen Menschen offiziell Opfer des Krieges, darunter 7,7 Millionen Flüchtlinge, vor allem in ländlichen Regionen. Doch weitaus mehr Menschen verloren Angehörige oder trugen anderen Schaden mit sich. Um dieser Gewalt ein Ende zu setzten kam es zu einem dritten Versuch eines Friedenabkommens, diesmal durch Präsident Santos im Jahr 2012. Er schaffte es nach vier Jahren schwieriger Verhandlungen auf Havanna das Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP- zusammen mit Guerillachef Rodrigo Lodoño (alias: Timochenko) zu unterschreiben (vgl. Miethke 2018: ZFD).