Besuch in der Kohlemine El Cerrejón

Besuch in der Kohlemine El Cerrejón

Die Mine El Cerrejon

                    
Der Tagebau El Cerrejón in der nördlichen Provinz La Guajira ist mit etwa 31 Millionen Tonnen jährlich (Stand 2018, vgl. Manrique Galvis & Olivares Rivera 2019) der wichtigste Kohleproduzent in Kolumbien. Gefolgt wird er von den Minen des Konzernes Drummond El Descanso (ca. 22 Millionen Tonnen in 2018) und La Loma (ca. 9 Millionen Tonnen in 2018) in der südlich angrenzenden Provinz El Cesár (vgl. ebd.). Das Konzessionsgebiet von El Cerrejón beträgt 69.000 Hektar und reißt ein braunes Loch in die Landschaft, da die enormen Landflächen von Vegetation und Böden befreit werden, bevor der Abbau der Kohle beginnen kann. Momentan wird auf ca. 17.000 Hektar Kohle abgebaut (Suhner 2015: 4). Diese Fläche ist größer als das Staatsgebiet Liechtensteins (16 000h; vgl. Amt für Statistik 2017: 4). Ca. 60 % der gesamten kolumbianischen Produktion und ca. 50 % der jährlichen Exporte (Environmental Justice Atlas, Zugriff: 23.05.2019) werden in El Cerrejón generiert. Seit 1986 wird in dieser Mine Kohle gewonnen, die bis 2001 teilweise in staatlicher Hand war. Seitdem gehört die Mine zu je einem Drittel den Konzernen Anglo American (UK), BHP Billiton (Australien) und Glencore (Schweiz) (vgl. cerrejon.com; Environmental Justice Atlas,  Zugriff: 23.05.2019). Die Freilegung der Kohleschichten und die damit verbundenen ökologischen sowie sozialen Probleme haben enorme Auswirkungen sowohl auf die lokale Bevölkerung als auch auf die Umwelt (vgl. Suhner 2015: 4). Im Environmental Justice Atlas sind in ganz Kolumbien über 50 umweltpolitische Konflikte in Bezug auf Bergbau gelistet, einer davon ist der Konflikt um die Mine El Cerrejón. Dazu kommen noch Wasserkonflikte um die geplanten Umleitungen der Flüsse Río Rancheria und Arroyo Bruno. In all diesen Konflikten sind indigene und afrokolumbianische Gemeinschaften am stärksten betroffen (Environmental Justice Atlas, Zugriff: 23.05.2019). Mit diesen Themen, neben vielen anderen, haben wir uns auf unserer Exkursion beschäftigt und hatten sogar die Chance, die Mine El Cerrejón zu besuchen.

https://ejatlas.org/conflict/el-cerrejon-mine-colombia 

Zum Weiterlesen:
Eberle, L. (2018): Ende des Bergbaus. „Man hat gedacht, man könnte die Natur beherrschen“. Erschienen auf Spiegel.de. Letzter Zugriff: 23.05.2019.
Download des Abschlussberichtes der Kohlekommission kann hier vorgenommen werden. www.kohlenimporteure.de
Kohleinfoheft des Steinkohleverbandes: http://www.steinkohleverband.de/site/bildungsmedien/Kohleheft.pdf
Klute, Jürgen (2018): Das Ende des Ruhrbergbaus 2018. Zugriff: https://www.sozialismus.de/kommentare_analysen/detail/artikel/das-ende-des-ruhrbergbaus-2018/. Letzter Zugriff: 25.07.2019.
Klute, Jürgen (2014): Woher kommt die Kraftwerkskohle? https://www.ruhrbarone.de/woher-kommt-die-kraftwerkskohle/88116. Zugriff: 25.07.2019.

Besuch in der Kohlemine El Cerrejón

Am 12. Tag unserer Exkursion nach Kolumbien haben wir eine der größten Steinkohletagebauminen der Welt besucht. Unser Besuch war in vier Teile aufgeteilt: als erstes haben wir das Informationszentrum besucht und sind von dort aus weiter zu einer Aussichtsplattform mit Blick auf eine der Kohlegruben gefahren. Anschließend ging es in ein vom Unternehmen renaturiertes Abbaugebiet und zum Abschluss in die Tieraufzuchtstation der Mine. Im Informationszentrum bekamen wir einen ersten Überblick über die Geschichte und die Vorgänge in der Mine. Alle in diesem Text erwähnten Informationen erhielten wir während unseres Besuches.

Einen ersten Eindruck über die Ausmaße des Kohleabbaus in der Mine bekamen wir beim Vorbeifahren eines der Züge, die täglich tausende von Tonnen Kohle von der Mine in den Küstenhafen Bolivar bringen. Von dort aus wird die Kohle in die ganze Welt verschifft. Der längste Zug besteht aus 150 Waggons, von denen jeder bis zu 110 Tonnen Kohle transportieren kann. Dieser muss aufgrund seines Gewichts von 2 Loks gezogen werden. Auf den 190 km Strecke von El Cerrejón nach Bolivar fahren täglich acht bis neun Züge. Die Waggons werden von oben durch Silos beladen und nach unten auf den Schiffen entladen. Pro Stunde werden ca. 17.000 Tonnen Steinkohle abgebaut, sodass das effektive Beladungssystem von 45 Sekunden pro Waggon notwendig ist.

Auf dem Weg zu einer Kohlegrube kamen wir an Unterkünften, Lagerhallen, Bürogebäuden und Instandhaltungsanlagen der Mine vorbei. Es gibt einen künstlich angelegten See, der durch Regen und Bachwasser gespeist wird. Dieser wird für das Naturmonitoring sowie als Reservoir für die Mine genutzt. In einer Wasserwiederaufbereitungsanlage werden täglich 500.000 m3 Trinkwasser produziert. Eine Instandhaltungswerkstatt für die Züge und Schienen hält den Bahnbetrieb am Laufen. In den Wohnbereichen haben bis zu 2.200 Arbeiter*innen mit ihren Familien Platz. Insgesamt beschäftigt die Mine rund 12.000 Menschen, von denen etwa 900 Frauen und 219 Wayuu sind. Für den Abbau wichtige Fahrzeuge, wie Traktoren, LKWs, die bis zu 320 Tonnen Gewicht transportieren können, Bagger oder Mörsermaschinen konnten immer wieder vom Bus aus beobachtet werden.

Abb. 3: Kohlegrube Tajo Patilla. Eigene Aufnahme

Wir fuhren zu der größtenteils ausgeschöpften Grube Tajo Patilla. Mit einer Größe von 10 x 3 km und einer Tiefe von 250 m ist sie nur eine von insgesamt 7 aktiven Abbaugebieten der Mine. Die Kohle aus El Cerrejón soll zu den qualitätsmäßig besten der Welt gehören, mit einem hohen Kohlenstoffanteil, geringer Ascheentwicklung und einem geringen Schwefelanteil. El Cerrejón befindet sich im Norden Kolumbiens in den Gemeinden Hatonuevo, Albania und Barrancas. Auf einzelnen Terrassen, auf denen früher auch Kohle abgebaut wurde, finden sich jetzt Weidegräser und Bäume. Vor dem Abbau wird ein Inventar der Fauna gemacht und in Gebiete umgesiedelt, die nicht vom Bergbau betroffen sind. Daraufhin wir die Fläche der zukünftigen Kohlegrube entwaldet und das Holz an umliegende Gemeinden übergeben. Die obersten Bodenschichten werden abgetragen und gelagert, da sie von großer Wichtigkeit für die spätere Renaturierung sind. Nach der Abtragung fangen die Bohrungen und die täglich stattfindenden Sprengungen an, um das Gestein zu lockern und zu zerkleinern, um so an die Kohle zu kommen. Der Abbau erfolgt von Norden nach Süden und wird in dieser Grube noch zwei Jahre anhalten, bevor sie ausgeschöpft ist.

Die erste Grube der Mine mit einer Größe von 8 x 3 km und 200 m Tiefe ist bereits renaturiert. Zuerst wurde sie wieder aufgefüllt, mit der 40 cm tiefen, zuvor abgetragenen und gelagerten Bodenschicht bedeckt und anschließend bepflanzt. In der Region heimische Tiere, wie Kaninchen, Bergratten, Vögel, Schlangen, Jaguare und Iguanas wurden wieder angesiedelt. In dem Rehabilitationszentrum der Mine werden viele Tiere gesundgepflegt und im besten Fall danach wieder ausgewildert. Diese Tiere kommen dorthin, wenn sie alleine in der Natur nicht überleben könnten oder in privaten Händen schlecht gepflegt wurden. In den letzten 25 Jahren wurden bereits 3.000 h renaturiert und weitere 4.000 ha sind in Planung. Bis zum derzeitigen Ende der Lizenzen 2033 soll das gesamte Gebiet renaturiert werden.

Abb. 4: Renaturiertes Gebiet. Eigene Aufnahme

In der Mine El Cerrejón ist die Staubentwicklung und die damit einhergehende Belastung für umliegende Gemeinden ein Problem. An beiden Seiten der ungeteerten Straßen befinden sich kleine Hügel, um den Staub der Fahrzeuge einzudämmen und die Umgebung zu schützen. Eine weitere Maßnahme gegen die Staubentwicklung ist die Bewässerung der Straßen durch spezielle LKWs mit Wasser, welches bereits durch den Kohleabbau kontaminiert ist und deshalb anderweitig nicht vom Menschen genutzt werden kann. Das Wasser wird mit Öl der afrikanischen Ölpalme gemischt, um den Staub besser binden zu können und den Boden länger feucht zu halten. Auf dem Minengelände wird Wasserdampf in die Luft gesprüht, um den Staub aufzufangen. Es gibt ein Messsystem zur ständigen Überwachung der Luftverschmutzung. In den umliegenden Gemeinden werden Luftmessungen zur Feststellung der Höhe der Luftverschmutzung, der Intensität und der Korngröße durchgeführt. Diese Messungen werden von den Gemeinden selbst durchgeführt.

Auf dem heutigen Gebiet der Mine standen früher fünf Dörfer, die alle im Laufe der Zeit umgesiedelt wurden. Diese Dörfer waren Roche, Chancleta, Tamaquito, Las Casitas und Patilla. Die umgesiedelten Gemeinden hatten laut Unternehmensaussage die Möglichkeit, ihre Häuser und Grundstücke selbst zu entwerfen und an einen selbst bestimmten Ort zu ziehen. Alle Familien sollen ein neues Haus und eine bestimmte Hektarzahl bekommen haben. Die Gemeinden werden durch ein Wasserkraftwerk mit Wasser versorgt. Jeder der Betroffenen hat einen Anspruch auf einen Arbeitsplatz in der Mine und auf Stipendien für alle Studiengänge und Unis, was von etwa hundert Menschen in Anspruch genommen wird. Wer seinen Anspruch auf einen Arbeitsplatz im Unternehmen einlösen möchte muss einen Schulabschluss haben, spezielle Prüfungen bestehen und sich den Gesundheitsuntersuchungen unterziehen. 60 Menschen der 125 umgesiedelten Familien bekommen eine „Rente“ von El Cerrejón. Die finanzielle Unterstützung soll den Menschen eine Starthilfe geben, um sich in ihrem neuen Zuhause ein unabhängiges Leben aufzubauen. Es gibt verschiedene Sozial-, Kultur- und Gesundheitsprojekte, um die Auswirkungen der Umsiedlung gering zu halten.

Auch für die Angestellten der Mine und deren Familien gibt es verschiedene Bildungs- und Gesundheitsprogramme. Die Kinder haben ein Anrecht auf Schule und Universität und die Angestellten auf Fort- und Weiterbildungen. Laut El Cerrejón sind die Arbeiter*innen nicht von Luftverschmutzung und damit einhergehenden Lungenkrankheiten betroffen, sondern nur von Rückenproblemen und durch die schweren Maschinen verursachte Beschwerden (à Gesundheitliche Belastungen durch El Cerrejón).

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