Las Guacayamas

Las Guacayamas

Las Guacamayas

Guacamayas ist ein Viertel (barrio) in dem 4. Stadtbezirk (localidad) San Cristóbal von Bogotá. Dieser Bezirk liegt im Südosten Bogotás.

Abb. 4: Verortung von Guacamayas in Bogotá in vergrößerter Ansicht. Sichtbar ist der Südosten Bogotás mit dem 4. Stadtbezirk San Cristóbal, Quelle: google.de/maps

Der Name „Guacamayas“ stammt von der gleichnamigen Art eines Ara-Papageis. Diese Papageien waren vor der Besiedlung des Gebietes in einem Höhenzug des Waldes anzutreffen, da sie sich dort auf dem felsigen Gebiet bevorzugt ansiedelten. Vor der Bebauung dieser Region wurde das Land überwiegend von Großgrundbesitz mit Viehwirtschaft und einer Vegetation aus Eukalyptusbäumen geprägt. Durch die Expansion der Stadt wurde Guacamayas ab 1979 im Rahmen eines Wohnungsbauprogramms errichtet, welches auf den sozialen Wohnungsbau ausgerichtet war. Die Wohnungen waren für öffentliche Angestellte mit niedrigem Einkommen bestimmt und sollten die offiziellen Landtitel für die Wohnungen vom Staat erhalten. Viele beantragten ein Haus, in dem neu entstandenen Viertel, um der Wohnungsnot zu entkommen. Andere jedoch erhielten beispielsweise als Vergütung für ihre Arbeit einen Besitztitel für ein Haus in Guacamayas, auch wenn sie dieses teilweise nicht wollten (vgl. Berneth Pena et al. 2001: 9). Der Wohnungs- und Viertelbau von Guacamayas wurde sehr stark vereinheitlicht. Die Häuser und Straßen sind in Rauten angeordnet., um so eine starke Steigung der Straßen am Hang zu verringern, da sie durch das Rautensystem diagonal zur Steigung verlaufen. Der Staat erbaute einfache Wohnungen mit einem Grundriss von sechs mal drei Metern, ausgestattet mit einer einfachen Küche und einem Bad (vgl. ebd.: 6). Diese Art des Wohnungsbaus wird auch als „core housing“ bezeichnet. Es stellt eine Maßnahme zur Deckung des Wohnungsbedarfs für die Bevölkerung mit geringem Einkommen dar. Erbaut werden einheitliche Kernhäuser, die einen minimalen Lebensraum bieten und nur mit dem Nötigsten ausgestattet sind.

Abb. 5: Rundgang durch Guacamayas (Eigene Aufnahme)

Diese Häuser bieten den Bewohner*innen die Möglichkeit zur selbstständigen Erweiterung, abhängig davon über welche Mittel sie verfügen (vgl. Pandelaki & Shiozaki 2010: 234). Viele der in Guacamayas errichteten Häuser wurden aufgrund des schlechten Rufes und der mangelnden Versorgung des Viertels nicht wie geplant bezogen. Die öffentlichen Angestellten, für die diese Häuser vorgesehen waren, hatten nur wenig Interesse in das Viertel im Südosten Bogotás zu ziehen, sodass viele der Kernhäuser zunächst leer standen. In mehreren Invasionswellen bezogen aufgrund der Wohnungsknappheit daraufhin ambulante Händler*innen mit ihren Familien die Wohnungen und Häuser illegal. Trotz der Vertreibungen durch den Staat bewohnen heute noch viele Familien die Häuser ohne einen offiziellen Anspruch auf den Wohnraum. Innerhalb von Guacamayas führt dies zu Spannungen zwischen den Bewohner*innen, die sich ihre Häuser rechtmäßig angeeignet haben und denjenigen, die illegal in ihren Häusern wohnen (vgl. Berneth Pena et al. 2001: 11ff). Die unterschiedlichen Fassaden und Zustände der Häuser sind Ausdruck der Erweiterungen, die die Menschen dort selbstständig durchführten und finanzierten. Der Zustand der Häuser variiert: Die der öffentlichen Angestellten, die über gewisse finanzielle Mittel verfügen, sind meist in einem besseren Zustand als die der ambulanten Händler*innen. Trotz der Spannungen zwischen den Einwohner*innen von Guacamayas ist der heutige Zustand des Viertels ein Ausdruck kollektiver Arbeit. Langwierige Kämpfe sorgten für eine verhältnismäßig gute Versorgung der Haushalte mit Strom und Wasser. Um den Forderungen an den Staat bezüglich der Einrichtung einer Infrastruktur Nachdruck zu verleihen, wurden immer wieder wichtige Durchgangsstraßen blockiert. Beispielhaft finanzieren einige Politiker*innen während ihrer Wahlkämpfe einige der Versorgungsgebiete. Solche finanziellen Mittel sind jedoch meist sehr begrenzt und dienen vielmehr als Instrumente des Wahlkampfes (vgl. ebd.: 22ff). Von der Gemeinschaft, ihrer Arbeit und ihren Kämpfen berichtete auch Don Benigno, den wir in Guacamayas trafen und dem wir einige Fragen stellen durften.

Abb. 6: Bewohner Don Benigno erzählt (Eigene Aufnahme)

Demnach erwirtschafteten die Bewohner*innen von Guacamayas mit dem Anbau von Kaffee gemeinsam Geld, um ihr Viertel aufwerten zu können. Darüber hinaus haben sie über die Kirche Gemeinschaftsproduktionen, wie eine Bäckerei oder eine Joghurtherstellung gegründet und Fortbildungskurse für Frauen und Jugendliche ins Leben gerufen. Die Gemeinschaft und ihr Zusammenhalt sei durch diese Tätigkeiten sehr gestärkt worden. Grundsätzlich seien die für die Aufwertung des Viertels benötigten finanziellen Mittel nicht vom Staat gekommen, sondern überwiegend von der Gemeinde selbst erwirtschaften worden. Don Benigno zeigte uns den ehemaligen Müllplatz, den sie zu einem Gemeinschaftsplatz umgestaltet haben. Die Schule in Guacamayas wurde mithilfe von Geldern aus der DDR gemeinschaftlich erbaut und ist im Jahre 1985 von Organisatoren gegründet worden, die über Kontakte in die damalige DDR verfügten. Nach dem Mauerfall wurde die Schule in „Colegio Alemania Unificada“ (Schule Wiedervereintes Deutschland) umbenannt worden. Während Familien und Angehörige der kommunistischen Partei und Brigaden aus der DDR den Bau der Schule unterstützen, bemühten sich Evangelikale und liberale Gruppen diesen zu verhindern. Innerhalb dieses, im kleinen Rahmen herrschenden, Kalten Krieg arbeiteten liberale und konservative Kräfte gegen die Errichtung der Schule. Die Schule steht auch heute noch im Kontakt mit einer Schule in Berlin. Ein ehemaliger Schüler dieser Schule ist heute ein bekannter Professor in Jena (vgl. ebd. : 27ff). Lange war das Viertel Guacamayas in den vergangenen Jahren überwiegend auf sich gestellt. Dies führte zur Herausbildung einer starken Gemeinschaft, die sich im Kampf für die Aufwertung des Viertels mobilisierte.

Abb. 7: Hanglage des Viertels (Eigene Aufnahme)

Heute stellt Guacamayas unter anderem durch den Ausblick auf die Stadt aufgrund der Hanglage zunehmend ein interessantes Viertel für Investoren dar. Im Gegensatz zu den älteren Generationen, die viel Arbeit in die ursprünglichen Kernhäuser investierten, sind die heutigen Bewohner*innen dazu bereit, diese auch wieder zu verkaufen. Dies hat zur Folge, dass das Viertel nach und nach in den Immobilien- und Bodenmarkt der Stadt integriert wird (vgl. ebd. : 39f).

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