Gesundheitliche Belastungen durch El Cerrejón
Gesundheitliche Belastungen durch El Cerrejón
Im folgenden Kapitel sollen die gesundheitlichen Belastungen durch die Steinkohleförderung in der Mine El Cerrejón thematisiert werden. Wir hatten im Rahmen der Exkursion die Möglichkeit, sowohl mit Vertreterinnen der Mine, als auch mit Mitgliedern der Gewerkschaft Sintracarbon zu sprechen und sind dabei auf relativ konträre Äußerungen bezüglich der Belastung gestoßen.
Die Folgen des Kohleabbaus werden unter anderem in der „Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika“ (ila) von Oktober 2015 behandelt. Täglich werden in der Mine Sprengungen mit gravierenden Folgen für die Umwelt durchgeführt, um an die auf dem Weltmarkt gefragte Steinkohle zu gelangen. Die Änderungen der Vegetation würden die Erosion fördern, den Wasserhaushalt negativ beeinflussen und die Luftqualität verschlechtern (Suhner 2015: 4). La Guajira ist eine Region, die ziemlich trocken ist. Durch den Kohleabbau wird die Wasserknappheit noch deutlicher verstärkt wird. Das Hilfswerk Misereor nennt tägliche Verbrauchszahlen von 17 Millionen Litern Wasser in der Mine, wohingegen die Menschen der Region mit 0,7 Litern Wasser am Tag auskommen müssen (Misereor 2017: 2). Die Bergbauunternehmen haben (größtenteils mit der Genehmigung von Umweltbehörden) Flüsse umgeleitet und vielen lokalen Gemeinschaften somit den Zugang zu dem Flusswasser verwehrt. Darüber hinaus seien Oberflächengewässer durch den Kohleabbau großflächig verschmutzt worden. Als Ursachen werden Auswaschungen aus den Abraumhalden, Abwässer der Minen und Maschinen sowie Staubeintrag genannt. Zudem sei der Grundwasserspiegel gesunken und Beschwerden der lokalen Bevölkerung wegen der Qualität des Grundwassers laut geworden (Suhner 2015: 4). Der durch den Bergbau erschwerte Zugang zu sauberem Wasser, sowie der enorme Verbrauch durch die Mine würden zu einem Wassermangel in der Region führen und somit die Unterernährung lokaler Gemeinschaften fördern (Misereor 2017: 2). Ein weiteres mit dem Steinkohleabbau verbundenes Problem stellt die Staubbelastung der Luft dar, die durch die täglichen Sprengungen, die Bearbeitung der Kohle und die Fahrzeuge auf den unbefestigten Straßen entsteht. Die Messwerte von El Cerrejón würden zwar in der Regel die kolumbianischen Grenzwerte bezüglich der Feinstaubbelastung erfüllen, die Standards von Weltgesundheitsorganisationen hingegen häufig nicht (genaue Zahlen zur Feinstaubbelastung in der Region unter www.cerrejon.com). In dem Bericht der ila wird dem Unternehmen in dem Zusammenhang vorgeworfen, die Messungen an Standorten durchzuführen, an denen die Belastung, beispielsweise durch bestimmte Windrichtungen, vergleichsweise gering ist (Suhner 2015: 4). Ähnliches erzählten uns auch die Gewerkschafter von Sintracarbon. Das Unternehmen hätte viele Zertifikate für Umwelt- und Arbeitssicherheit erhalten, jedoch würden diese nur auf erfundenen Messwerten basieren. Tatsächlich sei die Luftverschmutzung omnipräsent und würde sich schon bei einem Blick auf die Staubablagerungen in den Klimaanlagen zeigen. Die Arbeiter*innen in der Mine sowie die in unmittelbarer Nähe zur Mine lebenden Dorfgemeinschaften hätten daher häufig mit Lungenproblemen, aber auch mit Schlafstörungen, Haut- und Augenreizungen zu kämpfen (Mündliche Erzählungen der Gewerkschafter von Sintracarbon). Eine Studie von zwei Universitäten würde dies laut Misereor bestätigen. Besonders bei Kindern und alten Menschen seien diese Symptome zu beobachten (Paasch 2018).
Die Vertreterinnen von El Cerrejón hingegen berichteten, dass von dem Bergbau keine außergewöhnliche Luftverschmutzung ausgehen würde. Es gebe auf dem ganzen Gelände der Mine ein Messsystem für die Luftqualität, welches ständig überwacht werde. Sollte es zu einer Grenzüberschreitung kommen, würde man sofort einen Produktionsstopp in die Wege leiten. Vor etwa vier Jahren habe es einen solchen Produktionsstopp gegeben, da es aufgrund einer längeren Trockenperiode im Sommer zu extremer Staubentwicklung gekommen sei. Es gebe daher auch kein erhöhtes Risiko von Lungenkrankheiten, die einzigen körperlichen Probleme würden durch die schwere Arbeit mit den Maschinen ausgelöst werden und ausschließlich den Rücken betreffen. Den Arbeitskräften seien deshalb Präventionsübungen gezeigt und aktive Pausen genehmigt worden, um den Rückenproblemen vorzubeugen. (Mündliche Erzählungen der Vertreterinnen der Mine El Cerrejón)
Auch in diesem Zusammenhang gibt es von den Gewerkschaftern Manipulationsvorwürfe gegenüber El Cerrejón. Das Unternehmen würde Ärzte beeinflussen, sodass diese häufig bei gesundheitlichen Problemen der Arbeiter*innen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen würden. Der Gewerkschaft fehle es diesbezüglich jedoch an konkreten Beweisen. Generell haben sie von sehr schlechten Arbeitsbedingungen der Angestellten berichtet und diese Missstände in Bogotá angeklagt. Sie würden versuchen, die Arbeitsrechte der Angestellten zu verbessern und durchzusetzen, dass die Arbeit in der Mine den Status als „Hochrisikojob“ erhält (à mehr zu den Arbeitsbedingungen in der Mine bei Besuch bei Sintracarbon).
Generell gebe es viel zu wenige zuverlässige und unabhängige Studien über die Umweltbelastung des Bergbaus in La Guajira und die damit verbundenen gesundheitlichen Folgen für die lokale Bevölkerung. Es fehle zudem an Vergleichswerten über die Verhältnisse vor dem Kohleabbau, sodass die Bergbauunternehmen andere Gründe für die schlechte gesundheitliche Verfassung der Menschen vor Ort anführen und damit die Schuld von sich weisen würden (Suhner 2015: 4).
Das Thema der gesundheitlichen Belastung durch den Steinkohleabbau im Norden Kolumbiens bedarf weiterer unabhängiger Forschung. Hilfsorganisationen und Gewerkschaften fehlen die Beweise für ihre Vorwürfe vermutlich auch deshalb, weil El Cerrejón großen Einfluss in der Region besitzt und vieles kontrolliert. Selbst wenn diese Beweise existieren würden, müsste das Thema international publik gemacht werden, damit sich für die Menschen in der Region etwas ändern kann.
Weiterführende Literatur:
Mayer, Till (2017): Die dunkle Seite der Energiewende. https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/deutschland-und-die-energiewende-wie-laender-wie-kolumbien-dafuer-zahlen-a-1127332.html, letzter Zugriff 26. Mai 2019.
Cerrejon: Data from Representative Stations. https://www.cerrejon.com/index.php/desarrollo-sostenible/medio-ambiente/indicadores-ambientales/indicadores-de-calidad-del-aire/?lang=en, letzter Zugriff 1. August 2019.