Überblick: Kohle
Kohle in Kolumbien
Jorid Lange, Kristin Junker, Pia Rodeck, Philipp Erhardt
Im nördlich gelegenem departamento (Verwaltungsgebiet) La Guajira, in welchem wir einen Teil der Exkursion verbrachten, liegen schätzungsweise knapp 3.500 Millionen Tonnen Kohle unter den ersten Gesteinsschichten. Dies ist das größte Vorkommen in ganz Kolumbien. Zum Vergleich im Department Cesár liegen etwa 1.400 Millionen Tonnen Kohle unter der Erde (Angaben Stand 2018, vgl. Manrique Galvis & Olivares Rivera 2019). In Deutschland liegt das Kohlevorkommen bei ca. 36.000 Millionen Tonnen, davon sind jedoch nur 8 Millionen Tonnen Steinkohle (vgl. BP World Energy 2018: 36). Den Zahlen liegt eine gewisse Fehlerquote zugrunde, je nachdem welche Quelle zitiert wird. Laut dem BP Statistical Review of World Energy (2018: 36) liegt der gesamte Kohlevorrat Kolumbiens bei 4.881 Millionen Tonnen; also etwas niedriger als vom kolumbianischen Ministerium für Bergbau angegeben. Die vorläufigen Zahlen zur Produktion 2018 in diesen beiden für den Kohleabbau wichtigen Departments liegen bei 31 Millionen Tonnen in La Guajira und bei gut 46 Millionen Tonnen im Cesár. Die Produktion der Steinkohle wird in über 90% der Fälle im Tagebau, also unter freiem Himmel betrieben. Der Tagebau El Cerrejón, welche in den Gemeinden (municipios) Albania, Barrancas und Hato Nuevo agiert, generiert den gesamten Kohleabbau in La Guajira (Angaben Stand 2018, vgl. Manrique Galvis & Olivares Rivera 2019).
Kohleexport
Jegliche Kraftwerkskohle, die Deutschland 2018 aus Kolumbien importierte (163.432 Tonnen) stammte aus der Kohlemine El Cerrejón, die wir besuchten (vgl. MinEnergía, UPME, SIMCO).
Vermutlich sind ein Großteil dieser Lieferungen über den Hamburger Hafen nach Deutschland gekommen. Auf der kolumbianischen Regierungsseite des Ministeriums für Bergbau und Energie (Ministerio de Minas y Energía), gibt es einen Service mit welchem sich angeschaut werden kann, welche Menge an Kohle in welchen Gebieten produziert, wohin die Exporte gehen und aus welchen Ländern Kohle importiert wird. Zusätzlich werden Angaben über die sogenannten regalías (Lizenzgebühren) gemacht. Teilweise gibt es eine Fülle an Daten, die bis ins Jahr 1940 zurückgehen. Dieses Angebot ist nicht nur auf Kohle beschränkt.
Das Ministerium für Bergbau und Energie gibt an, dass der Abbau 2018 bei 62 Mio. Tonnen Kohle liegt, und dass ca. 86 Millionen Tonnen exportiert wurden. Dabei sind alle Kohlearten berücksichtig; die Diskrepanz der Daten könnte darauf zurückzuführen sein, dass in den Vorjahren abgebaute Kohle erst in folgenden Jahren exportiert wurde. Genauer aufgeschlüsselt ist diese jedoch nicht und deswegen nur eine Vermutung meinerseits. Kolumbien importierte 2018 nur eine knappe Tonne Kohle (größtenteils Anthrazit 0,573t und Braunkohle 0,363t und wenig Kokskohle 0,018t), diese stammte hauptsächlich aus Peru, den USA und China (vgl. MinEnergía O.D.). Hauptabnahmeländer für die thermische Kohle
(Kraftwerkskohle) im Jahr 2018 waren die Türkei (ca. 23 %), Chile mit knapp 10 % und die Niederlande mit gut 7 % (um auf die Relevanz für uns zurückzukommen: vermutlich ist Rotterdam der Einfuhrhafen) dazu kommen Spanien, Mexiko, Korea und andere. Die metallurgische Kohle (also Hüttenkohle) wurde hauptsächlich in die Türkei (36 %), nach Brasilien (31 %) und Japan (21 %) exportiert (Manrique Galvis & Olivares Rivera 2019: 19f).
Konzessionsvergabe
Um Kohle abbauen zu können brauchen Unternehmen in Kolumbien eine Konzession, welche in einem objektiven (laut Ministerium) Auswahlprozess vergeben wird; es muss eine Gewinnsteuer entrichtet und Lizenzgebühren im Wert von 1 – 12 % des Wertes der Mine erbracht werden (MINMINAS 2016: 59). Die eben erwähnten regalías werden im technischen Glossar des Bergbaus herausgegeben von dem Ministerium für Bergbau und Energie wie folgt beschrieben:
Lizenzeinnahmen
- Ausgleichszahlung für die Nutzung fremden Eigentums. Der vereinbarte Prozentsatz basiert auf den durch die Nutzung entstehenden Einnahmen.
[…] Im Allgemeinen, werden die Lizenzeinnahmen mit extraktiven Tätigkeiten assoziiert, im spezielleren mit der Erdölförderung. - Im Einklang mit den Artikeln 58, 332 und 360 der Verfassung, wird bei jeder Ausbeutung von natürlichen, nicht erneuerbaren Ressourcen, die dem Staat gehören, eine Lizenzgebühr als obligatorische Gegenleistung erhoben. (freie Übersetzung von Jorid Lange)
Exkurs: Stromerzeugung in Kolumbien
Laut dem Energieministerium (MinEnergía) werde nur 3,6 % der Stromerzeugung des Landes durch Kohle, 86% jedoch durch Wasserkraft erzeugt. (vgl. MinEnergía 2018: 81).
Exkurs: Deutsche Kohleimporte- problematisch oder notwendig?
Ende 2018 endete der Steinkohleabbau in Deutschland, doch das bedeutet nicht, dass die Steinkohle nun auch nicht weiter genutzt wird. Vielmehr wird diese Kohle weiter aus dem Ausland beschafft, wobei der Hamburger Hafen hierfür ein wichtiger Umschlagplatz ist (vgl. Misereor 2017; Fiedler Und Meyer 2018). Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes deuten einen leichten Rückgang bei den Importen von Steinkohle(-briketts) an, folgende Tabelle enthält die Importe in Tonnen und den Warenwert der letzten drei Jahre. Zahlen für 2019 sind noch nicht veröffentlicht.
Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel Und Beschäftigung“ empfiehlt einen Ausstieg aus der Kohle spätestens bis zum Jahr 2038, das bedeutet, dass noch 19 weitere Jahre Steinkohle aus Ländern wie Kolumbien importiert werden kann und es somit unmöglich wird das 1,5° Ziel zu erreichen. Die Verstromung von Steinkohle hängt von den technischen Bedingungen der Anlagen und den Preisentwicklungen ab. Die neuesten Anlagen erreichen erst in den 2050er Jahren ein Alter von 40 Jahren. In den 2050er Jahren soll laut Klimaschutzplan der Ausstoß von Treibhausgasen um 80 bis 95 % gesenkt werden (vgl. Komission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ 2019: 75). Steinkohlekraftwerke sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt und spielen deswegen eine geringe wertschöpferische Bedeutung in den jeweiligen Kreisen (im Durchschnitt 0,17 % der Gesamt-Wertschöpfung [vgl. ebd.: 77]). Dennoch trägt die Steinkohlewirtschaft in einigen Gebieten erheblich zur „Wertschöpfung und Beschäftigung“ (ebd.: 16) bei. Einige Kraftwerke werden bereits jetzt schon stillgelegt, allerdings weist die Kohlekommission darauf hin, dass sich die Leistung in den nächsten Jahren nicht wie geplant verringern, sondern erhöhen kann. Dem liegt zugrunde, dass einige Anlagen wieder in Betrieb genommen oder die Stilllegung aufgeschoben werden könne, wodurch die Leistung wieder zunehmen könne (vgl. Kommission „Wachstum, Strukturwandel Und Beschäftigung“ 2019: 29).
Der Bericht geht kaum auf die Importbedingungen von Steinkohle ein. Es wird lediglich erwähnt, dass an Wasserstraßen gelegene Anlagen einen günstigen Zugang zu Importsteinkohle haben (vgl. Kommission „Wachstum, Strukturwandel Und Beschäftigung“ 2019: 94) und, dass die Strompreise unter anderem von den Importpreisen der Steinkohle abhängen (vgl. ebd: 32). Zwar geht der Bericht auf die sozio-ökologischen Folgen der Umsiedlungen durch den Braunkohleabbau in Deutschland ein (vgl. ebd: 73), dabei bleibt jedoch unerwähnt, dass ähnliche und brutalere Umsiedlungsprozesse durch den Steinkohleabbau in Kolumbien stattfinden (siehe Tamaquito oder Roche). Auch wenn die Zahlen rückläufig sind, werden aus Kolumbien immerhin noch 13 % (6,5 Millionen Tonnen) des Gesamtimportvolumens von Kesselkohle bezogen; 18 % der importierten Kraftwerkskohle (thermische Kohle) kommen ebenfalls aus Kolumbien (Verein Der Kohleimporteure 2018: 20).